Mathematische Fakultät
Georg-August-Universität Göttingen
Updates: letztes: 15.05.2001 jp         [verantwortlich]
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Frauenförderplan für den wissenschaftlichen Bereich

1.1 Einführung

Die Mathematik in Göttingen besitzt eine große Tradition, und hat mit Emmy Noether auch eine der bedeutendsten Mathematikerinnen in der Geschichte der Mathematik aufzuweisen. Um so bedauerlicher ist, daß es an der Fakultät nie eine Professorin gab (Emmy Noether hatte keine ordentliche Professur in Göttingen), und daß sich seit über 50 Jahren in Göttingen keine Frau mehr habilitiert hat. Dabei ist die Mathematische Fakultät in Göttingen, seiner Tradition entsprechend, auch heute noch sehr erfolgreich bei der Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs.

Die Anzahl der Habilitationen in Mathematik in Göttingen ist im bundesweiten Vergleich sehr hoch. Seit 1970 wurden an der Fakultät 51 Männer habilitiert, 10 davon zwischen 1990 und 1994. Es wurden in den letzten 5 Jahren 3 Frauen und 24 Männer promoviert. In den letzten zwei Jahren schwankte der Frauenanteil an Diplomabschlüssen in der Studienrichtung Mathematik bzw. Wirtschaftsmathematik zwischen 25% und 32%. Dies entspricht in etwa dem Frauenanteil an den Studierenden dieser Studienrichtung. Der Frauenanteil an den für das Staatsexamen in Mathematik eingeschriebenen Studierenden liegt derzeit bei 40%.

Die Fakultät sieht es als dringlich an, baldmöglichst eine erste Professorin zu berufen und den Frauenanteil am wissenschaftlichen Nachwuchs deutlich zu erhöhen. Außerdem sollen die Studienbedingungen für Frauen an der Fakultät verbessert werden. Die Fakultät legt mit diesem Frauenförderplan hierfür erforderliche Maßnahmen fest.

Grundlage sind die Paragraphen 2, Abs.3 und 103 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) vom 6.10.1993. Der nach Paragraph 47, Abs. 3, NHG anzustrebende Frauenanteil von 50% auf allen Qualifikations- und Beschäftigungsstufen erscheint an der Fakultät allerdings erst langfristig erreichbar.
Der Frauenanteil an den wissenschaftlichen Stellen soll deshalb zunächst nach einem Stufenprinzip erhöht werden. Dieses legt als Zielvorgabe für den Frauenanteil einer Beschäftigungsgruppe den Frauenanteil der dafür erforderlichen Qualifikationsstufe fest. Die Zielvorgaben werden alle zwei Jahre an aktuelle Daten angepaßt. Können die Vorgaben nicht erfüllt werden, so erfolgen Ausgleichsmaßnahmen (siehe 1.2.5).
Die Stellenbesetzung nach dem Stufenprinzip soll in einem dynamischen Prozeß, zu einer Erhöhung des Frauenanteils in den einzelnen Qualifikationsstufen und durch Anpassung der Zielvorgabe zu einer Erhöhung des Beschäftigungsanteils von Frauen führen.

Es ist auch deshalb vordringlich, die aktuelle Situation für Frauen, was ihre Qualifizierung und Beschäftigung im universitären Mittelbau angeht, zu verbessern, weil bundesweit innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre eine überproportional große Zahl von Professoren zu besetzen sein wird. Damit wäre eine wirklich nennenswerte Erhöhung des Professorinnenanteils in diesem Zeitraum erreichbar, bzw. andernfalls die Chance hierfür über Jahrzehnte hinaus vertan.


1.2 Maßnahmenkatalog

1.2.1 Motivation zu einem Mathematikstudium

Die Fakultät lädt durch die Frauenbeauftragte einmal jährlich zu einer Informationsveranstaltung für interessierte Abiturientinnen ein. Dies kann im Rahmen der SchülerInneninformationstage geschehen, oder es werden die höheren Schulen in Göttingen und Umgebung unabhängig davon angeschrieben. Die Veranstaltung wird von Frauen der Fakultät gestaltet und soll Schülerinnen in Kontakt mit Studentinnen und Wissenschaftlerinnen bringen, damit sie informell etwas über das Mathematikstudium erfahren können.

1.2.2 Frauenübungsgruppen

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen können Frauenübungsgruppen als eine wichtige Maßnahme zur Förderung von Studentinnen angesehen werden. Zu den AnfängerInnenvorlesungen und zu jeder Lehrveranstaltung mit genügend vielen Interessentinnen ermöglicht die Fakultät die Einrichtung von Frauenübungsgruppen. Diese werden von Frauen geleitet. Für den Fall, daß keine weibliche studentische Hilfskraft für eine solche Veranstaltung eingeteilt wurde, soll nach Möglichkeit die Einteilung dahingehend geändert werden.

1.2.3 Studentische Hilfskräfte

Auf den entsprechenden Aushängen in den Instituten sollen Frauen ausdrücklich ermutigt werden, sich als studentische Hilfskraft zu bewerben. ProfessorInnen und AssistenInnen sollen geeignete Studentinnen ansprechen und ihnen ihre Referenz für eine Bewerbung anbieten. Es soll an jedem Institut der Frauenanteil an den studentischen Hilfskräften mindestens dem Frauenanteil an den Studierenden an der Fakultät, gemittelt über die letzten zwei Jahre und bezogen auf Staatsexamen-, Magister- und Diplomstudiengang, entsprechen.

1.2.4 Stufenprinzip bei den wissenschaftlichen Stellen

Bei der Besetzung von wissenschaftlichen Stellen soll folgendermaßen verfahren werden: Als Zielvorgabe für den Frauenanteil an den Die Zielvorgaben werden alle zwei Jahre nach den dann aktuellen Frauenanteilen neu festgelegt (siehe 1.2.8).

1.2.5 Ausgleichsmaßnahmen

Werden die Zielvorgaben für die C3- und C4-Stellen nicht erfüllt, so erhöht sich die Zielvorgabe für die C2-Stelle um eins. Wird die Zielvorgabe für die C2-Stelle nicht eingehalten, so erhöht sich die Zielvorgabe für die C1-Stellen, also für die darunterliegende Beschäftigungsgruppe, um eins. Es kann aber auch ein Ausgleich durch die zusätzliche (bezogen auf die Zielvorgabe für die C3- und C4-Stellen) Berufung einer Frau auf eine C3- oder C4-Stelle erfolgen. Wurde für eine C2-Stelle als Ausgleich eine C1-Stelle zusätzlich (bezogen auf die Zielvorgabe für die C1-Stellen) mit einer Frau besetzt, so bemüht sich die Fakultät, unabhängig davon die nächste freiwerdende C2-Stelle mit einer Frau zu besetzen, d.h. die Vorgabe hier zu erfüllen.
Wenn die Zielvorgabe für die C1-Stellen nicht erfüllt wird, so erhöht sich, dem oben erklärten Prinzip entsprechend, die Zielvorgabe für die BATIIa-Stellen um eins, es kann aber auch ein Ausgleich in einer höheren Beschäftigungsgruppe erfolgen.

1.2.6 Ausschreibung von Stellen

Bei dem Ausschreibungstext ist darauf zu achten, daß das gewünschte Arbeitsgebiet in Relation zu den vorhandenen Arbeitsgebieten nicht zu eng eingegrenzt wird.
Sollte trotz bestehenden Anspruchs an der Fakultät keine Frau für die Besetzung einer BATIIa-, einer C1- oder C2-Stelle gefunden werden können, so soll die Stelle überregional ausgeschrieben werden.

1.2.7 Berufungsverfahren

Trotz des noch sehr geringen Frauenanteils an den Habilitationen wird sich die Fakultät bei allen zukünftigen Berufungsverfahren aktiv darum bemühen, Professorinnen an die Fakultät zu berufen. Mit ihrer starken Vorbildfunktion tragen Professorinnen dazu bei, Studentinnen für eine wissenschaftliche Laufbahn zu motivieren.
Um die Chancen für die Berufung von Professorinnen an die Fakultät zu erhöhen, werden Maßnahmen im Vorfeld von Berufungsverfahren ergriffen. Bei allen Berufungsverfahren wird frühzeitig, d.h. schon bei dem Freigabeantrag für die Stelle, darauf geachtet, daß das Arbeitsgebiet fachlich so breit ausgerichtet ist, daß sich für das Arbeitsgebiet qualifizierte Bewerberinnen finden lassen.
Beim ersten Zusammentreffen der Berufungskommissionen beraten die Kommissionsmitglieder mit der Frauenbeauftragten darüber, ob es habilitierte Frauen gibt, denen der Ausschreibungstext mit dem Hinweis, daß die Bewerbung von qualifizierten Frauen besonders erwünscht wird, mitgeteilt werden soll.

1.2.8 Bestandsaufnahme

Die Frauenbeauftragte legt dem Fakultätsrat einmal jährlich zu der jeweils ersten Sitzung im Wintersemester eine Bestandsaufnahme und Analyse der Beschäftigten- und Studienstruktur sowie einen Bericht über die Einhaltung der in dem Plan genannten Maßnahmen vor. Sie macht alle zwei Jahre nach Inkrafttreten des Frauenförderplans dem Fakultätsrat Vorschläge für die Fortschreibung und Anpassung des Frauenförderplans an die aktuelle Entwicklung. Der Fakultätsrat beschließt daraufhin Zielvorgaben für die nachfolgenden zwei Jahre.

1.3 Zielvorgaben für die nächsten zwei Jahre

Die Vorgaben sollen bei jeder freiwerdenden Stelle berücksichtigt werden und beziehen sich auf den Zeitraum WS 1994/95 - WS 1996/97. Die Anzahl der C-Stellen ist an den drei Instituten der Fakultät so gering, daß Zielvorgaben nicht mehr den einzelnen Instituten zugeordnet werden können, sondern sich auf die ganze Fakultät beziehen. An den kleineren Instituten, d.h. dem Institut für Numerische und Angewandte Mathematik und dem Institut für Stochastische Mathematik sollen jedoch jeweils mindestens eine Frau im wissenschaftlichen Bereich beschäftigt sein. Sollte hier die Zielvorgabe für die BATIIa-Stellen nicht erfüllt werden, so soll die Beschäftigung einer Frau auf einer höheren Beschäftigungsebene angestrebt werden. Der Frauenanteil an den Habilitationen, bundesweit (nur bezogen auf die Länder der Bundesrepublik vor der Vereinigung), gemittelt über die Jahre 1988, 1989, 1990, 1991 und 1992 beträgt 4,4%. Wird das Gebiet der ehemaligen DDR miteinbezogen, wo der Frauenanteil an den Habilitationen zumindest bis zur Vereinigung deutlich höher war, so wird der Frauenanteil an den Habilitationen auf 8% geschätzt. Diese Zahl soll hier zugrundegelegt werden.

1.4 Frauenbeauftragte der Fakultät

Die Frauenbeauftragte wirkt auf die Gleichstellung der Frauen an der Fakultät hin. Sie organisiert Treffen für Studentinnen und weibliche Beschäftigte und bietet eine regelmäßige Sprechstunde an.
Sie arbeitet mit der Universitäts-Frauenbeauftragten und den Frauenbeauftragten der anderen Fakultäten zusammen.
Sie kontrolliert die Einhaltung und Umsetzung des Frauenförderplans an der Fakultät und wird hierzu von den drei Instituten über alle anstehenden Stellenbesetzungen frühzeitig informiert und bei Beratungen hinzugezogen.

Die Frauenbeauftragte sammelt das für die Erstellung der Zielvorgaben erforderliche statistische Datenmaterial. Sie ruft die bundesweiten Daten über den Frauenanteil an den Diplomabschlüssen, den Promotionen und Habilitationen in Mathematik vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden ab. Über den Frauenanteil an den Studierenden und den Frauenanteil in allen Qualifikations- und Beschäftigungsstufen an der Fakultät führt die Frauenbeauftragte mit Unterstützung durch die Sekretariate eine fortlaufende Statistik.

Sofern die Fakultätsfrauenbeauftragte aus der Gruppe der Mitarbeiterinnen, Assistentinnen oder Professorinnen gewählt wurde, sorgt der zuständige Geschäftsführer in Absprache mit der Frauenbeauftragten und mit den MitarbeiterInnen des Instituts für eine angemessene Entlastung der Frauenbeauftragten bei ihren üblichen Dienstverpflichtungen.
Hierzu können bei AssistenInnen und MitarbeiterInnen zum Beispiel spezille Sonderaufgaben, wie die Beantwortung der Laienpost und die Korrektur von Staatsexamensklausuren zählen. Nach Möglichkeit sollte eine Mitarbeiterin oder Assistentin für ein Semester von ihrer Lehrverpflichtung entbunden werden oder ihr Vertrag im Rahmen der Gesetzgebung für ein Semester länger als vorgesehen, befristet werden.


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