Mathematische Fakultät
Georg-August-Universität Göttingen
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Frauenförderplan für den wissenschaftlichen Bereich
1.1 Einführung
Die Mathematik in Göttingen besitzt eine große Tradition, und hat mit
Emmy Noether auch eine der bedeutendsten Mathematikerinnen in der Geschichte der
Mathematik aufzuweisen. Um so bedauerlicher ist, daß es an der
Fakultät nie eine Professorin gab (Emmy Noether hatte keine ordentliche
Professur in Göttingen), und daß sich seit über 50 Jahren in
Göttingen keine Frau mehr habilitiert hat. Dabei ist die Mathematische
Fakultät in Göttingen, seiner Tradition entsprechend, auch heute noch
sehr erfolgreich bei der Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs.
Die Anzahl der Habilitationen in Mathematik in Göttingen ist im
bundesweiten Vergleich sehr hoch. Seit 1970 wurden an der Fakultät 51
Männer habilitiert, 10 davon zwischen 1990 und 1994. Es wurden in den
letzten 5 Jahren 3 Frauen und 24 Männer promoviert. In den letzten zwei
Jahren schwankte der Frauenanteil an Diplomabschlüssen in der
Studienrichtung Mathematik bzw. Wirtschaftsmathematik zwischen 25% und 32%. Dies
entspricht in etwa dem Frauenanteil an den Studierenden dieser
Studienrichtung. Der Frauenanteil an den für das Staatsexamen in Mathematik
eingeschriebenen Studierenden liegt derzeit bei 40%.
Die Fakultät sieht es als dringlich an, baldmöglichst eine erste
Professorin zu berufen und den Frauenanteil am wissenschaftlichen Nachwuchs
deutlich zu erhöhen. Außerdem sollen die Studienbedingungen für
Frauen an der Fakultät verbessert werden. Die Fakultät legt mit diesem
Frauenförderplan hierfür erforderliche Maßnahmen fest.
Grundlage sind die Paragraphen 2, Abs.3 und 103 des Niedersächsischen
Hochschulgesetzes (NHG) vom 6.10.1993. Der nach Paragraph 47, Abs. 3, NHG
anzustrebende Frauenanteil von 50% auf allen Qualifikations- und
Beschäftigungsstufen erscheint an der Fakultät allerdings erst
langfristig erreichbar.
Der Frauenanteil an den wissenschaftlichen Stellen soll deshalb
zunächst nach einem Stufenprinzip erhöht werden. Dieses legt
als Zielvorgabe für den Frauenanteil einer Beschäftigungsgruppe den
Frauenanteil der dafür erforderlichen Qualifikationsstufe fest. Die
Zielvorgaben werden alle zwei Jahre an aktuelle Daten angepaßt.
Können die Vorgaben nicht erfüllt werden, so erfolgen
Ausgleichsmaßnahmen (siehe 1.2.5).
Die Stellenbesetzung nach dem Stufenprinzip soll in einem dynamischen
Prozeß, zu einer Erhöhung des Frauenanteils in den einzelnen
Qualifikationsstufen und durch Anpassung der Zielvorgabe zu einer
Erhöhung des Beschäftigungsanteils von Frauen führen.
Es ist auch deshalb vordringlich, die aktuelle Situation für Frauen,
was ihre Qualifizierung und Beschäftigung im universitären Mittelbau
angeht, zu verbessern, weil bundesweit innerhalb der nächsten 10 bis 15
Jahre eine überproportional große Zahl von Professoren zu besetzen
sein wird. Damit wäre eine wirklich nennenswerte Erhöhung des
Professorinnenanteils in diesem Zeitraum erreichbar, bzw. andernfalls die Chance
hierfür über Jahrzehnte hinaus vertan.
1.2 Maßnahmenkatalog
1.2.1 Motivation zu einem Mathematikstudium
Die Fakultät lädt durch die Frauenbeauftragte einmal jährlich zu
einer Informationsveranstaltung für interessierte Abiturientinnen ein. Dies
kann im Rahmen der SchülerInneninformationstage geschehen, oder es werden
die höheren Schulen in Göttingen und Umgebung unabhängig davon
angeschrieben. Die Veranstaltung wird von Frauen der Fakultät gestaltet und
soll Schülerinnen in Kontakt mit Studentinnen und Wissenschaftlerinnen
bringen, damit sie informell etwas über das Mathematikstudium erfahren
können.
1.2.2 Frauenübungsgruppen
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen können Frauenübungsgruppen als
eine wichtige Maßnahme zur Förderung von Studentinnen angesehen
werden. Zu den AnfängerInnenvorlesungen und zu jeder Lehrveranstaltung mit
genügend vielen Interessentinnen ermöglicht die Fakultät die
Einrichtung von Frauenübungsgruppen. Diese werden von Frauen
geleitet. Für den Fall, daß keine weibliche studentische Hilfskraft
für eine solche Veranstaltung eingeteilt wurde, soll nach Möglichkeit
die Einteilung dahingehend geändert werden.
1.2.3 Studentische Hilfskräfte
Auf den entsprechenden Aushängen in den Instituten sollen Frauen
ausdrücklich ermutigt werden, sich als studentische Hilfskraft zu
bewerben. ProfessorInnen und AssistenInnen sollen geeignete Studentinnen
ansprechen und ihnen ihre Referenz für eine Bewerbung anbieten. Es soll an
jedem Institut der Frauenanteil an den studentischen Hilfskräften
mindestens dem Frauenanteil an den Studierenden an der Fakultät, gemittelt
über die letzten zwei Jahre und bezogen auf Staatsexamen-, Magister- und
Diplomstudiengang, entsprechen.
1.2.4 Stufenprinzip bei den wissenschaftlichen Stellen
Bei der Besetzung von wissenschaftlichen Stellen soll folgendermaßen
verfahren werden: Als Zielvorgabe für den Frauenanteil an den
- BATIIa-Stellen wird der Frauenanteil an den Diplomabschlüssen im
Studiengang Mathematik bundesweit zugrundegelegt, gemittelt über die
letzten drei aufeinanderfolgenden Jahre, für die die Daten
erhältlich sind. (Vom Statistischen Bundesamt können Daten für
ein Studienjahr nur mit ca. zwei Jahren Verzögerung abgerufen werden.)
- C1-Stellen wird der Frauenanteil an den Promotionen im Studiengang
Mathematik bundesweit zugrundegelegt, gemittelt über die letzten drei
aufeinanderfolgenden Jahre, für die die Daten erhältlich sind.
- C2-Stellen wie an den C3- und C4-Stellen wird der Frauenanteil an den
Habilitationen im Studiengang Mathematik bundesweit zugrundegelegt, gemittelt
über die letzten fünf aufeinanderfolgenden Jahre, für die die
Daten erhätlich sind.
- Es wird hier differenziert nach einer Zielvorgabe für C2-Stellen und
einer Zielvorgabe für C3- und C4-Stellen. Grund hierfür ist,
daß an der Mathematischen Fakultät in Göttingen C2-Stellen
auf maximal 6 Jahre befristet sind und in der Regel als
OberassistentInnenstellen besetzt werden. Somit haben C2-Stellen eine
grundsätzlich andere Funktion als C3- und C4-Dauerprofessuren.
Die Zielvorgaben werden alle zwei Jahre nach den dann aktuellen Frauenanteilen
neu festgelegt (siehe 1.2.8).
1.2.5 Ausgleichsmaßnahmen
Werden die Zielvorgaben für die C3- und C4-Stellen nicht erfüllt, so
erhöht sich die Zielvorgabe für die C2-Stelle um eins. Wird die
Zielvorgabe für die C2-Stelle nicht eingehalten, so erhöht sich die
Zielvorgabe für die C1-Stellen, also für die darunterliegende
Beschäftigungsgruppe, um eins. Es kann aber auch ein Ausgleich durch die
zusätzliche (bezogen auf die Zielvorgabe für die C3- und
C4-Stellen) Berufung einer Frau auf eine C3- oder C4-Stelle erfolgen. Wurde
für eine C2-Stelle als Ausgleich eine C1-Stelle zusätzlich
(bezogen auf die Zielvorgabe für die C1-Stellen) mit einer Frau besetzt, so
bemüht sich die Fakultät, unabhängig davon die nächste
freiwerdende C2-Stelle mit einer Frau zu besetzen, d.h. die Vorgabe hier zu
erfüllen.
Wenn die Zielvorgabe für die C1-Stellen nicht erfüllt wird, so
erhöht sich, dem oben erklärten Prinzip entsprechend, die Zielvorgabe
für die BATIIa-Stellen um eins, es kann aber auch ein Ausgleich in einer
höheren Beschäftigungsgruppe erfolgen.
1.2.6 Ausschreibung von Stellen
Bei dem Ausschreibungstext ist darauf zu achten, daß das gewünschte
Arbeitsgebiet in Relation zu den vorhandenen Arbeitsgebieten nicht zu eng
eingegrenzt wird.
Sollte trotz bestehenden Anspruchs an der Fakultät keine Frau für
die Besetzung einer BATIIa-, einer C1- oder C2-Stelle gefunden werden
können, so soll die Stelle überregional ausgeschrieben werden.
1.2.7 Berufungsverfahren
Trotz des noch sehr geringen Frauenanteils an den Habilitationen wird sich die
Fakultät bei allen zukünftigen Berufungsverfahren aktiv darum
bemühen, Professorinnen an die Fakultät zu berufen. Mit ihrer starken
Vorbildfunktion tragen Professorinnen dazu bei, Studentinnen für eine
wissenschaftliche Laufbahn zu motivieren.
Um die Chancen für die Berufung von Professorinnen an die
Fakultät zu erhöhen, werden Maßnahmen im Vorfeld von
Berufungsverfahren ergriffen. Bei allen Berufungsverfahren wird frühzeitig,
d.h. schon bei dem Freigabeantrag für die Stelle, darauf geachtet,
daß das Arbeitsgebiet fachlich so breit ausgerichtet ist, daß sich
für das Arbeitsgebiet qualifizierte Bewerberinnen finden lassen.
Beim ersten Zusammentreffen der Berufungskommissionen beraten die
Kommissionsmitglieder mit der Frauenbeauftragten darüber, ob es
habilitierte Frauen gibt, denen der Ausschreibungstext mit dem Hinweis,
daß die Bewerbung von qualifizierten Frauen besonders erwünscht wird,
mitgeteilt werden soll.
1.2.8 Bestandsaufnahme
Die Frauenbeauftragte legt dem Fakultätsrat einmal jährlich zu der
jeweils ersten Sitzung im Wintersemester eine Bestandsaufnahme und Analyse der
Beschäftigten- und Studienstruktur sowie einen Bericht über die
Einhaltung der in dem Plan genannten Maßnahmen vor. Sie macht alle zwei
Jahre nach Inkrafttreten des Frauenförderplans dem Fakultätsrat
Vorschläge für die Fortschreibung und Anpassung des
Frauenförderplans an die aktuelle Entwicklung. Der Fakultätsrat
beschließt daraufhin Zielvorgaben für die nachfolgenden zwei Jahre.
1.3 Zielvorgaben für die nächsten zwei Jahre
Die Vorgaben sollen bei jeder freiwerdenden Stelle berücksichtigt werden
und beziehen sich auf den Zeitraum WS 1994/95 - WS 1996/97.
- Studentische Hilfskraftstellen: Aus den Daten der
"Studentenstatistik" der Universität Göttingen vom Studienjahr
1991/92 und WS 1992/93 ergibt sich der Frauenanteil von 31% an den
Studierenden. Der Frauenanteil an den studentischen Hilfskräften soll an
jedem Institut diesem Anteil entsprechen.
- BATIIa-Stellen: Der Frauenanteil an den
Diplomabschlüssen, bundesweit, gemittelt über die Jahre 1990, 1991
und 1992, beträgt 27,3%.
Am Mathematischen Institut sollen mindestens zwei BATIIa-Stellen, am
Institut für Numerische und Angewandte Mathematik jeweils mindestens
eine BATIIa-Stelle mit einer Frau besetzt werden. Am Mathematischen Institut
und am Institut für Numerische und Angewandte Mathematik sind die
Vorgaben im Moment erfüllt.
Die Anzahl der C-Stellen ist an den drei Instituten der Fakultät so gering,
daß Zielvorgaben nicht mehr den einzelnen Instituten zugeordnet werden
können, sondern sich auf die ganze Fakultät beziehen. An den kleineren
Instituten, d.h. dem Institut für Numerische und Angewandte Mathematik und
dem Institut für Stochastische Mathematik sollen jedoch jeweils mindestens
eine Frau im wissenschaftlichen Bereich beschäftigt sein. Sollte hier die
Zielvorgabe für die BATIIa-Stellen nicht erfüllt werden, so soll die
Beschäftigung einer Frau auf einer höheren Beschäftigungsebene
angestrebt werden.
- C1-Stellen: Der Frauenanteil an den Promotionen,
bundesweit, gemittelt über die Jahre 1990, 1991 und 1992, beträgt
15%.
Bis jetzt gab es an der Fakultät keine Frau auf einer C1-Stelle.
An der ganzen Fakultät gibt es acht C1-Stellen, von denen eine mit
einer Frau besetzt werden soll.
Der Frauenanteil an den Habilitationen, bundesweit (nur bezogen auf die
Länder der Bundesrepublik vor der Vereinigung), gemittelt über die
Jahre 1988, 1989, 1990, 1991 und 1992 beträgt 4,4%. Wird das Gebiet der
ehemaligen DDR miteinbezogen, wo der Frauenanteil an den Habilitationen
zumindest bis zur Vereinigung deutlich höher war, so wird der Frauenanteil
an den Habilitationen auf 8% geschätzt. Diese Zahl soll hier zugrundegelegt
werden.
- C2-Stellen: An der Fakultät gibt es 4 C2-Stellen, von
denen eine mit einer Frau besetzt werden soll.
- C3- und C4-Stellen: Von den 20 C3- und C4-Stellen an der
Fakultät soll eine Stelle mit einer Frau besetzt werden.
Am Mathematischen Institut sind zur Zeit zwei C4-Professuren zu
besetzen. Hier muß in den Berufugskommissionen jede Möglichkeit
ausgeschöpft werden, eine qualifizierte Professorin nach Göttingen
zu berufen.
1.4 Frauenbeauftragte der Fakultät
Die Frauenbeauftragte wirkt auf die Gleichstellung der Frauen an der
Fakultät hin. Sie organisiert Treffen für Studentinnen und weibliche
Beschäftigte und bietet eine regelmäßige Sprechstunde an.
Sie arbeitet mit der Universitäts-Frauenbeauftragten und den
Frauenbeauftragten der anderen Fakultäten zusammen.
Sie kontrolliert die Einhaltung und Umsetzung des Frauenförderplans an
der Fakultät und wird hierzu von den drei Instituten über alle
anstehenden Stellenbesetzungen frühzeitig informiert und bei Beratungen
hinzugezogen.
Die Frauenbeauftragte sammelt das für die Erstellung der Zielvorgaben
erforderliche statistische Datenmaterial. Sie ruft die bundesweiten Daten
über den Frauenanteil an den Diplomabschlüssen, den Promotionen und
Habilitationen in Mathematik vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden
ab. Über den Frauenanteil an den Studierenden und den Frauenanteil in allen
Qualifikations- und Beschäftigungsstufen an der Fakultät führt
die Frauenbeauftragte mit Unterstützung durch die Sekretariate eine
fortlaufende Statistik.
Sofern die Fakultätsfrauenbeauftragte aus der Gruppe der
Mitarbeiterinnen, Assistentinnen oder Professorinnen gewählt wurde, sorgt
der zuständige Geschäftsführer in Absprache mit der
Frauenbeauftragten und mit den MitarbeiterInnen des Instituts für eine
angemessene Entlastung der Frauenbeauftragten bei ihren üblichen
Dienstverpflichtungen.
Hierzu können bei AssistenInnen und MitarbeiterInnen zum Beispiel
spezille Sonderaufgaben, wie die Beantwortung der Laienpost und die Korrektur
von Staatsexamensklausuren zählen. Nach Möglichkeit sollte eine
Mitarbeiterin oder Assistentin für ein Semester von ihrer Lehrverpflichtung
entbunden werden oder ihr Vertrag im Rahmen der Gesetzgebung für ein
Semester länger als vorgesehen, befristet werden.
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