Beispiellösungen zu Aufgabenblatt 10

aktualisiert: 4. Juni 2001

Aufgabe 1


Frau von Schluckspecht sucht ihren Mann, der sich ganz gut in den neun Kneipen der Stadt auskennt: Von vier Abenden, die er nicht zu Hause ist, verbringt er durchschnittlich drei dort, wobei er keine dieser Kneipen bevorzugt.
Nun ist er also wieder mal nicht zu Hause, und nachdem seine Frau schon in acht der Kneipen erfolglos nach ihm gesucht hat, fragt sie sich, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, ihn in der letzten zu finden. Also: Wie groß ist sie?


Lösung:


Herr von Schluckspecht befindet sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 % in der letzten Kneipe.

An jedem Abend, den er nicht zu Hause verbringt, befindet sich Herr von Schluckspecht mit einer Wahrscheinlichkeit von $ {\frac{3}{4}}$ = $ {\frac{9}{12}}$ in einer der neun Kneipen A,...,I, die auch seiner Frau bekannt sind. Also befindet er sich mit einer Wahrscheinlichkeit von $ {\frac{1}{4}}$ = $ {\frac{3}{12}}$ woanders. Ohne das Problem zu verändern, kann man annehmen, dass er an den Abenden, die er weder zu Hause noch in einer der Kneipen A,...,I verbringt, einen von drei Orten X, .Y, .Z aufsucht, von denen er dann auch keinen bevorzugt.

An besagtem Abend befindet sich Herr von Schluckspecht also mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 % an einem der Orte A,...,I,X,Y,Z. Für jeden der Orte ist die Wahrscheinlichkeit p, mit der er sich dort aufhält, gleich groß, nämlich $ {\frac{1}{12}}$.

Herr von Schluckspecht bleibt die ganze Nacht an dem Ort, für den er sich am Abend entschieden hat. Daher weiß seine Frau, nachdem sie die ersten acht Kneipen in alphabetischer Reihenfolge erfolglos durchsucht hat, dass er sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 % an einem der Orte I,X,Y oder Z befindet. Bevor sie losgegangen war, wusste sie, dass er sich mit einer Wahrscheinlichkeit q = $ {\frac{1}{3}}$  $ \left(\vphantom{ q=\frac{1}{12} + 3\cdot\frac{1}{12}
}\right.$q = $ {\frac{1}{12}}$ + 3 . $ {\frac{1}{12}}$$ \left.\vphantom{ q=\frac{1}{12} + 3\cdot\frac{1}{12}
}\right)$ für eine dieser vier Lokalitäten entschieden hatte.

Um nun herauszufinden, mit welcher Wahrscheinlichkeit r er sich in der letzten ihr bekannten Kneipe befindet, muss sie also nur das Verhältnis r = $ {\frac{\frac{1}{12}}{\frac{1}{3}}}$ = $ {\frac{1}{4}}$ bestimmen.

Also befindet er sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 % in der letzten Kneipe.


Hinweis: Herr von Schluckspecht befindet sich also nicht mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 % in der letzten Kneipe. Damit dieser Fall eintreten würde, müssten die Voraussetzungen anders gewählt werden.

Zum Beispiel so: Herr von Schluckspecht entscheidet sich für einen der zwölf Orte. Statt dass Frau von Schluckspecht ihn nun suchen geht und damit bei jeder Kneipe aufs Neue die Chance hat, ihn zu finden, nennt ihr ein ,, Informant`` acht Stammkneipen, in denen er sich nicht befindet. Dann weiß Frau von Schluckspecht, dass ihr Mann sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 % in der letzten befindet.



Aufgabe 2


Bestimme alle Quadratzahlen, die im Dezimalsystem mit lauter gleichen Ziffern geschrieben werden!


Lösung:


Die einzigen solchen Quadratzahlen sind 1, 4 und 9 (und 0), d. h. genau die einstelligen Quadratzahlen.

Die Endziffer eines Produktes zweier Zahlen ist gerade die Endziffer des Produktes der Endziffern der beiden Zahlen: (10n + k)(10m + t) = 10(10nm + t + k) + kt.

Wegen 0 . 0 = 0, 1 . 1 = 1, 2 . 2 = 4, 3 . 3 = 9, 4 . 4 = 16, 5 . 5 = 25, 6 . 6 = 36, 7 . 7 = 49, 8 . 8 = 64 und 9 . 9 = 81 enden alle Quadratzahlen auf 0, 1, 4, 5, 6 oder 9.

Ist n = 2k eine gerade Zahl, so ist ihr Quadrat n2 = (2k)2 = 4k2 durch 4 teilbar; ist n = 2k + 1 eine ungerade Zahl, so ist n2 = (2k + 1)2 = 4(k2 + k) + 1, also ist n2 - 1 durch 4 teilbar. Demnach ist eine Quadratzahl entweder selbst durch 4 teilbar oder ihr Vorgänger ist durch 4 teilbar.

Eine Zahl ist genau dann durch 4 teilbar, wenn die Zahl, die aus ihren beiden Endziffern gebildet wird, durch 4 teilbar ist.Da 11 - 1 = 10 nicht durch 4 teilbar ist, ist auch jede Zahl 1...11 - 1 mit mindestens zwei Ziffern nicht durch 4 teilbar, deshalb ist 1...11 keine Quadratzahl. Genauso sind 55 - 1 = 54, 66 und 99 - 1 = 98 nicht durch 4 teilbar, also gibt es auch keine Quadratzahl mit mindestens zwei Stellen, die nur aus einer der Ziffern 5, 6 oder 9 besteht.

Bleiben also die einstelligen Quadratzahlen und Zahlen, die sich nur mit der Ziffer 4 schreiben lassen. Sei n = k2 eine nur aus der Ziffer 4 bestehende Quadratzahl, dann ist $ {\frac{n}{4}}$ = $ {\frac{k^2}{2^2}}$ = ($ {\frac{k}{2}}$)2 eine Quadratzahl, die nur aus Einsen besteht. Deshalb ist $ {\frac{n}{4}}$ = 1 (denn es gibt ja keine zwei- oder mehrstellige Quadratzahl nur aus der Ziffer 1, wie wir oben schon gezeigt haben) bzw. n = 4.

Also sind alle Quadratzahlen, die sich mit lauter gleichen Ziffern schreiben lassen, einstellig.

Ach ja, der Vollständigkeit halber: Die einzige Zahl aus lauter Ziffern 0 ist natürlich die Null selbst.



Aufgabe 3


Tom ist ein richtiger Weiberheld. Momentan hat er neun Freundinnen (Antonia, Bertha, Claudia, Dora, Emilia, Friederike, Gerda, Hannelore und Ida; kurz: A, B, C, D, ..., I) die alle in derselben langen, schnurgeraden Straße wohnen. Etwa so:


\includegraphics[width=15cm]{aufg1003.eps}

Da er jedes seiner Mädels oft besucht, möchte er jetzt auch in diese Straße ziehen. Wo sollte Tom sich seine Wohnung suchen, damit die Summe der Weglängen von ihm zu jeder der Freundinnen möglichst kurz ist?

Hinweis: Während die Reihenfolge, in der die Mädchen in der Straße wohnen, bekannt ist (siehe oben), sind die genauen Abstände der Häuser nicht bekannt. Die Skizze oben dient nur der Orientierung!


Lösung:


Der Gesamtweg von Tom zu seinen Freundinnen ist am kürzesten, wenn Tom im gleichen Haus wie Emilia wohnt.
Wir beginnen links von A, nach rechts zu laufen, und schauen immer, wie sich die Summe der Weglängen ändert.
Wenn wir um eine Strecke x nach rechts laufen und uns noch links von A aufhalten, werden die Weglängen zu jedem der Mädchen um x kürzer, d. h. die Summe der Weglängen wird kürzer.
Wenn wir zwischen A und B um eine Strecke x nach rechts laufen, werden die 8 Abstände zu den Mädchen B bis I jeweils um x kürzer, während der Abstand zu A um x länger wird. Zwischen B und C werden noch 7 Abstände um x kürzer und schon 2 Abstände um x länger. Aber immer noch wird die Abstandssumme kürzer, wenn wir nach rechts laufen. Genauso auf dem Weg von C nach D (6 Abstände um x kürzer und 3 um x länger) und von D nach E (5 zu 4).
Wenn wir aber zwischen E und F um ein x nach rechts laufen, werden 5 Abstände um x länger und nur 4 Abstände um x kürzer, d. h. die Abstandssumme wird um x länger. Noch weiter zwischen F und G werden schon 6 Abstände um x länger und nur noch 3 Abstände um x kürzer, so dass die Summe der Abstände auch wieder größer wird, und so weiter, wenn wir noch weiter nach rechts gehen.
Die Summe der Abstände ist also gerade dann am kürzesten, wenn wir genau bei E sind.



Aufgabe 4


Sind Kassetten eigentlich ,,optimal`` gebaut? Eine normale Musikkassette ist 100 mm breit und die leeren Spulen haben einen Durchmesser von 21 mm. Ist die Position der Spulen optimal in dem Sinne, dass man bei dem in der Breite gegebenen Platz maximal viel Band in der Kassette unterbringen kann? Rechnet die optimale Position aus (wobei natürlich nach wie vor die Spulen nebeneinander liegen sollen) und vergleicht das Ergebnis mit den tatsächlichen Werten! Versucht, eventuelle Abweichungen zu erklären - es sollte doch verwundern, wenn sich die Erfinder der Kassette nicht solche Gedanken gemacht haben! Wer Lust hat, kann dieselbe Untersuchung auch an einer Videokassette durchführen.

Tipps: Hilfreich ist es, bei den Berechnungen zwei Eckwerte zu betrachten: Zum einen, wie viel Band Platz hat, wenn es vollständig auf einer Spule aufgewickelt ist, zum anderen, für wie viel Band Platz ist, wenn die Kassette genau zur Hälfte abgespielt worden ist. Die Länge des Bandes kann man dabei schwerlich direkt betrachten; aber man kann mit einem äquivalenten Maß rechnen ...
Um das Problem deutlicher zu machen, sei eine nicht optimale Anordnung gezeigt: Ist der Abstand a des Spulenmittelpunkts vom Rand nur 20 mm, so kann eine voll aufgewickelte Spule maximal 40 mm breit sein. Dann sind in der Mitte aber 20 mm der Breite nie von einer Spule bedeckt, man hat also Platz verschenkt.

\includegraphics[width=7cm]{kass.eps}


Lösung:


Wie gesagt, mit der Länge des Bandes kann man so direkt wenig anfangen. Proportional zur Länge des Bandes ist aber die Fläche der (ziemlich dünnen) Seite des Bandes. Also ist mit der Fläche des Bandes auf den Spulen zu rechnen: sie muss offensichtlich in der Summe immer gleich bleiben.

Sei wie in der Skizze a der Abstand des linken Spulenmittelpunkts vom linken Rand (und entsprechend auf der rechten Seite). Bei einem idealen Aufbau der Kassette hat eine volle Spule den Radius a, dann wird nach außen hin kein Platz verschenkt. Wird eine Kassette abgespielt, so nimmt, bis man bei der Hälfte angelangt ist, auf der rechten Spule der Radius schneller zu, als er links abnimmt, denn wegen des immer noch kleineren Radius auf der rechten Seite passt pro Umdrehung offensichtlich weniger Bandlänge auf die rechte Spule als auf die linke. Folglich ist die Summe der Radien genau in der Mittenposition des Bandes maximal, und für genau diesen Fall muss der Abstand der Spulen voneinander konzipiert sein: Im Idealfall ist dann kein messbarer Platz mehr zwischen den Spulen. Anders gesagt: die Spulen reichen dann genau bis zur Mitte der Kassette und haben also einen Radius von 50 - a.

Die Flächen des Bandes müssen in beiden Fällen gleich sein. Deren Berechnung erfolgt einfach über die Flächenformel der Kreises, wobei beachtet werden muss, dass die Fläche der Spulenkerne abgezogen wird. Es ergibt sich die Gleichung

  $\displaystyle \pi$a2 - $\displaystyle \pi$10,52 = 2 . $\displaystyle \left(\vphantom{ \pi (50 - a)^2 -\pi 10,5^2}\right.$$\displaystyle \pi$(50 - a)2 - $\displaystyle \pi$10,52$\displaystyle \left.\vphantom{ \pi (50 - a)^2 -\pi 10,5^2}\right)$
$\displaystyle \Leftrightarrow$ $\displaystyle \pi$a2 + $\displaystyle \pi$10,52 = 5000$\displaystyle \pi$ - 200$\displaystyle \pi$a + 2$\displaystyle \pi$a2
$\displaystyle \Leftrightarrow$ 0 = a2 - 200a + 4889,75
$\displaystyle \Leftrightarrow$ a 1, 2 = 100±$\displaystyle \sqrt{10000 - 4889,75}$ $\displaystyle \approx$ 100±71,486

Da natürlich a < 100 gelten muss, ist a $ \approx$ 28,5 mm die optimale Lösung.

Im Rahmen der Messgenauigkeit ist das der reale Wert. In der Praxis muss man zwar noch Sicherheitsabstände einbeziehen, aber das muss nicht viel ändern: Gewährt man an der Seite und in der Mitte je 1 mm Reserve für die Spulen, erhält man a $ \approx$ 28,6 mm, was im Rahmen unserer Genauigkeit nichts ändert.

Für Videokassetten übrigens, die 188 mm breit sind und einen Spulenkern mit einem Radius von 13 mm haben, ergibt eine entsprechende Rechnung einen idealen Abstand von a $ \approx$ 54,4 mm. Real sind es aber nur etwa 48 mm. Dieser große Unterschied ist wohl mit einer anderen Konstruktionsweise von Videokassetten zu erklären, deren Spulen noch Scheiben zur Bandführung haben. Da sich diese in der Mitte der Kassette nicht in die Quere kommen dürfen, kann a bei maximalem Spulenradius nur ein Viertel der Kassettenbreite betragen. Und das ist ziemlich genau der Fall.


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