Beispiellösungen zu Aufgabenblatt 36

aktualisiert: 6. Juli 2004

Aufgabe 1


Carolin kauft eine 4 kg schwere Wassermelone, die zu 99 (Masse-)Prozent aus Wasser besteht. Unvorsichtigerweise lässt sie sie zu lange in der Sonne liegen, bis die Melone nur noch zu 98 Prozent aus Wasser besteht. Wie schwer ist die Melone dann noch?


Lösung:


Da die Melone zu Beginn zu 99 Prozent aus Wasser besteht, enthält sie 1 Prozent an anderen (festen) Stoffen. Das entspricht 40 Gramm. Nach dem Verdunsten eines Teils des Wassers machen diese 40 Gramm entsprechend der Aufgabenstellung 2 Prozent der Gesamtmasse aus. Also wiegt die Melone dann nur noch 40 . $ {\frac{{100}}{{2}}}$ = 2000 Gramm. Die Melone verliert folglich insgesamt die Hälfte ihres Gewichts.



Aufgabe 2


Ein sehr verwinkelter Museumsraum soll von drei Wächtern bewacht werden. Jeder soll sich an einen Ort stellen, von dem aus er den gesamten Raum beobachten kann. Zwei der Wächter finden nach kurzer Suche zwei (verschiedene) solche Plätze und lassen sich dort nieder. Der dritte Wächter irrt eine Zeit lang erfolglos im Raum umher. Kann man ihm einen Tipp geben, wo ein geeigneter Ort zu finden ist?


Lösung:


Der dritte Wächter kann jeden Punkt auf der Verbindungsstrecke zwischen den Positionen der ersten beiden Wächter wählen.
Warum? Seien A und B die Positionen der ersten beiden Wächter und sei C ein Punkt auf deren Verbindungsstrecke. Sei weiter X irgendein Punkt des Raumes. Wenn man nun von C aus den Punkt X nicht sehen könnte, so gäbe es einen Punkt Y auf der Strecke CX, auf dem ein Hindernis liegt.

\includegraphics[width=5cm]{waechter.eps}

Andererseits sieht der Wächter bei A den gesamten Raum, also insbesondere auch X. Daher muss die gesamte Strecke AX im Raum verlaufen (d. h. hindernisfrei sein) und deswegen liegt auch insbesondere der Schnittpunkt Z der Geraden durch B und Y mit AX im Inneren des Raumes und es gibt dort kein Hindernis. Schließlich sieht auch der Wächter bei B alles, insbesondere auch Z, und somit müsste die gesamte Strecke BZ im Raum liegen, was der Lage von Y widerspräche.
Also gibt es keinen solchen Punkt Y und die gesamte Strecke CX ist von C aus frei einsichtig. Somit sieht der Wächter bei C jeden Punkt im Raum.


Anmerkungen: Einen Raum wie unseren Museumsraum, in dem es einen Punkt gibt, von dem aus man den gesamten Raum einsehen kann (oder anders formuliert: in dem jede Verbindungsstrecke von diesem Punkt zu einem anderen Punkt in diesem Raum komplett in dem Raum liegt), nennt man sternförmig.

Und mit unserem Beweis haben wir gezeigt, dass die Menge aller Punkte, von denen aus man den gesamten Raum einsehen kann, konvex ist. (Die Definition von konvex ist genau diejenige, dass zu je zwei Punkten einer Menge auch die Verbindungsstrecke zu der Menge gehört.)

Es gibt auch Beispiele, bei denen man den dritten Wächter auf keinen anderen Ort als die Strecke zwischen den beiden anderen Wächtern stellen kann:


\includegraphics[width=4.5cm]{museumeng.eps}



Aufgabe 3


Zeige, dass die Zahl 32048 - 1 durch wenigstens 12 verschiedene Primzahlen teilbar ist.


Lösung:


Es ist 2048 = 211, und das bedeutet, dass man elfmal den dritten binomischen Satz anwenden und damit zwölf Faktoren erhalten kann:

32048 - 1 = (31024 + 1)(31024 - 1)  
  = (31024 + 1)(3512 + 1)(3512 - 1)  
  = (31024 + 1)(3512 + 1)(3256 + 1)(3256 - 1)  
  ...    
  = (31024 + 1)(3512 + 1)(3256 + 1)(3128 + 1)(364 + 1)(332 + 1)  
    . (316 + 1)(38 + 1)(34 + 1)(32 + 1)(31 + 1)(31 - 1)  

Damit ist man allerdings noch nicht fertig, da wir die Existenz von zwölf verschiedenen Primfaktoren in der Zerlegung zeigen sollen. Deswegen zeigen wir jetzt, dass diese Faktoren paarweise 2 als größten gemeinsamen Teiler (ggT) haben. Für diesen Zweck seien r > s zwei natürliche Zahlen. Es ist
32r + 1 = 32r - 1  + 2  
  = (32r-1 + 1)(32r-1 - 1) + 2  
  ...    
  = (32r-1 + 1)(32r-2 + 1)...(32s + 1)(32s - 1) + 2,  

also ein Vielfaches von (32s + 1) zuzüglich 2. Somit muss der ggT von 32r + 1 und 32s + 1 ein Teiler von 2 sein. Da (32t + 1) offenbar für jedes ganze t $ \geq$ 0 gerade ist, ist der ggT genau 2.

Da 31 - 1 = 2 gilt, ist auch ggT (32r + 1, 31 - 1) = 2 für r $ \geq$ 1.

Da jeder Faktor 32r + 1 mit r $ \geq$ 0 größer als 2 ist, liefert folglich jeder dieser elf Faktoren (mindestens) einen ,,eigenen`` Primfaktor zu der Zerlegung. Leider liefert 31 + 1 = 2 . 2 auf diese Weise nur den Faktor 2; damit kann man den Faktor 2, der ja ansonsten noch vorkommt und außerdem der einzige Teiler von 31 - 1 ist, nicht zusätzlich nutzen. Wir brauchen also noch einen weiteren Primfaktor. 34 + 1 = 2 . 41 hilft nicht weiter, aber es ist 38 + 1 = 6562 = 2 . 17 . 193 und somit haben wir mindestens zwölf verschiedene Primfaktoren.

Um exakt herauszufinden, wie viele (verschiedene) Primfaktoren die Zahl hat, bedarf es wohl schwerer Geschütze und einiger Rechenzeit. So viel Zeit und Geduld hatten wir dann auch nicht ... Immerhin hat Mathematica sehr schnell herausgefunden, dass die Faktoren (3128 + 1)/2 bis (31024 + 1)/2 keine Primzahlen sind. (316 + 1)/2 bis (364 + 1)/2 sind Primzahlen und Pari hat uns dann noch in angemessener Zeit verraten, dass (3128 + 1)/2 fünf verschiedene Primfaktoren besitzt, deren kleinster 257 ist.



Aufgabe 4


Auf dem Planeten Kappa haben Wissenschaftler kürzlich den Radius ihres Planeten als genau 1000 km bestimmt. Die fünf größten Städte auf Kappa sollen in den nächsten Jahren durch direkte Eisenbahnlinien verbunden werden; in jedem Jahr soll die Strecke zwischen einem Paar von Städten fertig werden. Die Finanzmittel im ersten Jahr reichen allerdings nur für 1571 km an Eisenbahnschienen.
Zeige, dass man damit trotzdem den Plan im ersten Jahr verwirklichen kann!


Lösung:


Da man im ersten Jahr nur eine Eisenbahnstrecke von 1571 km Länge bauen kann, müssen wir zeigen, dass es unter den fünf Städten auf Kappa zwei gibt, die einen Abstand von höchstens 1571 km haben. (Dabei ist mit dem Abstand natürlich derjenige auf der Kugeloberfläche gemeint.) Da wir jedoch nicht wissen, wo die Städte auf Kappa liegen, müssen wir zeigen, dass es bei jeder Anordnung ein Paar von Städten mit Abstand höchstens 1571 km gibt.

Wir beweisen dieses indirekt, indem wir das Gegenteil annehmen und zum Widerspruch führen. Das Gegenteil bedeutet hier: Wir gehen davon aus, dass die fünf Städte so auf Kappa verteilt sind, dass je zwei von ihnen mehr als 1571 km voneinander entfernt sind.


Da Kappa einen Radius von 1000 km hat, beträgt sein Umfang

2$\displaystyle \pi$ . 1000 km = 6283, 18... km < 6284 km = 4 . 1571 km.

Mit den Geldmitteln im ersten Jahr kann man also ein Viertel des Umfangs und ein klein wenig mehr mit Eisenbahnschienen bebauen.

Indem wir gegebenenfalls die Kugel drehen, können wir davon ausgehen, dass die erste Stadt A ,,unten``, also auf dem Südpol liegt. Alle Punkte auf dem Äquator haben dann einen Abstand von weniger als 1571 km zu dieser Stadt, und alle Punkte auf der Südhalbkugel haben noch kleineren Abstand.

Daher liegen gemäß unserer Annahme alle anderen vier Städte auf der Nordhalbkugel.

\includegraphics[width=5cm]{k1.eps} \includegraphics[width=5cm]{k8.eps}

Sei B eine Stadt auf der Nordhalbkugel. Auch sie definiert eine Halbkugel, auf der keine weitere Stadt liegen kann.

Falls die Stadt B direkt auf dem Nordpol liegt, so kann sich auch auf der Nordhalbkugel keine weitere Stadt mehr befinden, auf Kappa lägen insgesamt also nur die zwei Städte A und B, was nicht sein kann.

Aber egal wo B auf der Nordhalbkugel liegt, die Halbkugel mit Zentrum B enthält immer den Nordpol. Und da B nicht der Nordpol sein kann, hat diese Halbkugel auch ein Stück mit der Südhalbkugel gemeinsam. Seien X und Y die beiden Schnittpunkte der Halbkugelränder. Da die Ränder jeweils maximal große Kreise (sogenannte Großkreise) auf der Kugeloberfläche sind, liegen sich die beiden Punkte genau gegenüber, d. h. sie teilen jeden der beiden Kreise in zwei gleich große Hälften.

Da wir nicht wissen, auf welchem Grad nördlicher Breite die Stadt B liegt, wissen wir auch nicht, wie weit ihre Halbkugel über den Nordpol reicht, aber in jedem Fall darf keine weitere Stadt in derjenigen Hälfte der Norhalbkugel liegen, die durch den halben Äquator von X bis Y und durch den Nordpol begrenzt wird.

\includegraphics[width=5cm]{k2.eps}

Die andere Hälfte der Nordhalbkugel halbieren wir noch ein letztes Mal: Sei M der Mittelpunkt zwischen X und Y auf dem Äquator (der, der nicht auf der Halbkugel um B liegt). Dann teilt der Kreis durch den Südpol, den Nordpol und M die rechte Nordpolhälfte in zwei gleich große Teile (gekrümmte Dreiecke), auf denen die Eckpunkte X, M und N bzw. Y, M und N jeweils größtmöglichen Abstand von einem Viertelkugelumfang haben. Mit anderen Worten: Je zwei Punkte auf einem Dreieck haben einen geringeren Abstand als 1571 km.

Das bedeutet aber, dass in jedem der Dreiecke höchstens eine Stadt liegen kann. Aber dann gibt es nur vier Städte auf Kappa.


Da es auf Kappa aber fünf Städte gibt, erhalten wir einen Widerspruch. Die Annahme, dass alle Städte mindestens 1571 km auseinander liegen, muss also falsch sein. Folglich gibt es (mindestens) zwei Städte auf Kappa, die höchstens 1571 km voneinander entfernt sind, und zwischen diesen können wir (oder die Kappaianer) schon im ersten Jahr eine Eisenbahnlinie bauen.


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